Digitalisierung & Kunst
Die Digitalisierung verändert nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Kunst – und das praktisch in allen Bereichen. Dabei bedeutet die digitale Veränderung nicht einfach nur der technologische Fortschritt, sondern auch die radikale Veränderung einer ganzen Generation.
Im Folgenden habe ich Euch 12 Begriffe zusammengestellt, die das vergangene Jahr prägten und vielleicht auch wegweisend für das Kommende sind.
- Beta Manifest: Wie sieht der digitalisierte Kunstmarkt der Zukunft aus? Das Beta Manifest – ein vom BVDG in Zusammenarbeit mit den Independent Collectors entwickeltes Konzept – widmet sich mit zehn Thesen aktuellen digital dominierten Tendenzen auf dem Kunstmarkt, wagt einen Blick in die Zukunft und bleibt gleichzeitig ewig unvollendet – in digitaler Beta-Form.
- Blockchain: Immer mehr Kunstverkäufe werden online getätigt. In Folge wächst der Bedarf für sichere Echtheitszertifikate. Die neuesten Systeme für den Erwerb von digitalen Kunstwerken basieren auf einem Lizenzvertrag unter Nutzung der Bitcoin Technologie. Alle Werke werden mit einer elektronischen Signatur versehen, die laut Gesetz auch als originale Unterschrift anerkannt ist und darüber hinaus den Nachweis liefert, dass die Datei zum angegebenen Zeitpunkt vorlag. Ihre Echtheit ist mathematisch belegbar. Das Recht auf Wiederverkauf ist exklusiv. Das virtuelle Eigentum ist für den jeweiligen Eigentümer technisch und gesetzlich limitiert. Der Eigentümer der Nutzungsrechte wird in einer dezentralen Bitcoin Blockchain registriert. Die Rechte der Arbeit werden durch eine Bitcoin Transaktion zugeteilt. Digitale Kunstwerke werden dadurch zum Sammler- und Handelsobjekt ohne sie zu materialisieren. Beispielhaft agiert das Berliner start-up ascribe.io mit einem System, das digitale Kunstwerke durch die Blockchain lizenziert und vieles mehr.
- Digitale Kunst: Ist ein Sammelbegriff für Kunst, die digital, also mit dem Computer erzeugt wird. Sie basiert auf digital kodierten Informationen. Aber auch Werke in nicht digital kodierter Form, wie etwa ein handschriftlich notierter digitaler Code, zählen in den Bereich Digitale Kunst. Mit der Entwicklung der ersten Computer in den 60er Jahren begannen auch die ersten Künstler, den Computer als künstlerisches Medium zu nutzen. Sehr schnell entfaltete sich eine Subkultur, jenseits der üblichen Kunstkanäle. Die Vielfalt und die Qualität der Arbeiten ist facettenreich und die Begriffsklärung bis heute umstritten. Definitionen wie Computergenerierte Kunst, Computerkunst, Interaktive Kunst, Cyberkunst, Softwarekunst, Netzkunst, Digital Media, etc. gelten als Synonyme für Digitale Kunst. Digitale Kunst von HEUTE, ist die Kunst über die MORGEN Geschichte geschrieben wird!
- Generation Y: Zu der Generation Y (Englisch: Why?) zählt man die Jahrgänge 1980-1995, die dafür bekannt sind, Althergebrachtes zu hinterfragen und die Arbeitswelt verändern zu wollen. Sie werden auch als Digital Natives bezeichnet. Selbstbewusst streben sie nach Work-Life-Balance und gehen dabei weniger Kompromisse ein als einst ihre Vorgänger-Generation. In der Arbeitswelt geht es vor allem um Selbstbestimmung und die Verneinung von starren Hierarchien. Die Generation Y ist extrem motiviert und technikaffin. Sie will eigenständig denken und handeln und daneben mobil und flexibel arbeiten. Sinnhaftigkeit, Transparenz und Nachhaltigkeit sind Werte, die dieser Generation wichtiger sind – wichtiger als die Karriere oder Geld ist die persönliche Entfaltung durch den Job.
- Internet der Dinge: Der Begriff – abgekürzt IdD oder auch IoT (engl: Internet of Things) – bezeichnet die Vernetzung von intelligenten Geräten (Haushaltsgeräte, Sensoren, etc.) mit der virtuellen Welt des Internets. Ziel ist es die Informationslücken zwischen der realen und virtuellen Welt zu schließen. So übertragen beispielsweise miniaturisierte Computer, sogenannte Wearables, bestimmte Zustandsinformationen der realen Welt (z.B. über Alterung) für die Weiterverarbeitung im Netz und mit anderen Geräten. Bisher menschlich gesteuerte „Dinge“ werden so mit Hilfe des Internets selbstreguliert gesteuert. Der Anwendungsbereich erstreckt sich dabei von einer allgeimen Informationsversorgung über automatische Bestellungen bis hin zu Warn- und Notfallfunktionen. In Zukunft wird ein intelligenter Kühlschrank selbstständig Lebensmittel bestellen und mit uns zu sprechen beginnen. Mark Leckey setzte diese Idee geschickt in der Installation „GreenScreenRefrigeratorAction“ um.
- Immaterielle Kunst: Um immaterielle Kunst verstehen zu können, sei vorweg behauptet, dass NICHTS auf dieser Welt ohne sein Gegenteil existiert. Stets geht es bei der künstlerischen Umsetzung immaterieller Kunst, um den Versuch „etwas“ von seiner Materialität zu befreien. Der Ursprung immaterieller Kunst kann demnach – in Vorwegnahme der Konzeptkunst – auf die monochromen, ironisch betitelten Bilder des Pariser „Salon des Arts Incohérents“ im Jahr 1883 festgelegt werden. In Folge war die Kritik am Objektstatus des Kunstwerks eines der zentralen Themen der Kunst des 20. Jahrhunderts. Sie tritt regelmäßig auf (z.B. bei Kasimir Malewitsch’s „Schwarzes Quadrat“ 1915), wird aber in den späten 1960er (z.B. Yves Klein’s Ausstellung „Le Vide“ in der Pariser Galerie Iris Clert) und 1970er Jahren mit Fluxus, Performance, Videokunst und Konzeptkunst besonders virulent. Auch viele digitale Arbeiten sind immateriell (z.B. Netzkunst). Für Sammler bedeutet dies, bisher gültige Sammlungskriterien neu zu überdenken, da Themen wie Langlebigkeit, Authentizität und Werthaltigkeit hier nicht mehr gelten. Das Zutun des Sammlers für die Erhaltung seiner immateriellen Erzeugnisse wird vorausgesetzt und ist ein Garant für die Kontinuität der Zeit. Am konsequentesten wurde das Thema immaterieller Kunst in den Performances von Tino Segal umgesetzt.
- Künstliche Intelligenz: ist ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens befasst. Werden künstliche Roboter unsere Evolution fortsetzen? Schon jetzt glauben nach einer Umfrage des Marplan Forschungsinstituts (2015) fast 50% der Deutschen, das die KI häufig im Alltag eingesetzt wird. Das Bewusstsein, die Funktionsweise des Gehirns, Intelligenz, vor allem aber die Kreativität sind bis heute in ihrer Funktion nicht vollkommen erforscht, so dass sie einfach nachgebaut werden können. Erinnert sei an den Versuch des Software-Konzerns Microsoft im März 2016, dessen lernfähiger Chat Bot „Tay“ bereits wenige Stunden nach seiner Existenz auf Twitter wieder offline genommen werden musste, da er rassistische Propaganda verbreiten wollte. Auch Künstler beschäftigen sich mit der Frage, wie die KI agiert, wenn Aufgaben nicht mit Logik und Wissenschaft gelöst werden können und Emotionen folgen. Roman Lipski und Florian Dohmann, Teil des Digital Art-Kollektivs YQP, ergründen diese Fragestellungen – ebenso wie Adi Hösle , der mit seiner Brain Painting Maschine bereits viele Menschen Bilder mittels Brain-Computer-Interface malen ließ.
- Kunstrecht 2.0: Im Zuge der rasanten Entwicklungen in den Bereichen Web 2.0 und Social Media spielen neben den neuen Vertriebsmöglichkeiten im Internet auch rechtliche Fragestellungen eine entscheidende Rolle. Tatsächlich erfordert die Digitalisierung erhebliche, teil noch unvollendete Veränderungen im Rechtssystem. Bei Geschäftsmodellen wie der Onlineverkauf beispielsweise gilt es Widerrufsrechte oder Wettbewerbsrechte zu bedenken. Werden Kunstwerken oder Bilder von zum Beispiel Vernissage-Gästen online gestellt, so müssen bestimmte Urheberrechte oder das Recht am eigenen Bild beachtet werden. Auch das schnelle Teilen von Inhalte auf sozialen Plattformen sollte zumindest im gewerblichen Bereich den Gesetzesgrundlagen des Urheberrechtes folgen, um bereits im Vorfeld teure Schadensersatzansprüche zu vermeiden.
- Online-Kunst-Markt: Der Hiscox Online Art Trade Report 2016 des britischen Spezialversicherer Hiscox zeigt einige Schlüsselzahlen, die den Wandel im Kunstmarkt verständlich machen. Er ist der vierte Jahresbericht seiner Art. Der diesjährige Bericht beschäftigt sich vor allem mit den Trends beim unmittelbaren Kunstkauf und den verschiedenen Typen von Online-Plattformen. Die Studie untersucht, was Personen kaufen, wie viel sie auf diesem Weg ausgeben und bestehende Markthindernisse. Die Ergebnisse basieren auf den Antworten von 672 internationalen Kunstkäufern. Der Bericht zeigt einen Wachstum des Online Kunstmarktes von 24% mit einem Umsatz von $3,27 Mrd., das sind 6% des gesamten Kunstmarktes mit einem Gesamtvolumen von $63,8 Mrd. Zukunftsprognosen sprechen von einem weiteren Wachstum und einem Umsatzvolumen von $ 9,58 Mrd. im Jahre 2020.
- Pokémon GO: Pokémon GO ist ein Augmented-Reality-Spiel, bei dem Spieler in der realen Welt virtuelle Fantasiewesen (Pokémon) fangen und per GPS-Erkennung des Smartphones über den Standort neuer Pokémon aufmerksam gemacht werden können. Der Erfolg des Spiels zog weltweit neue Zielgruppen in die Kunstwelt. So berichtete Monopol, dass sowohl das Crystal Bridges Museum of American Art als auch das Getty Museum Fotos von den Pokémon posteten, die innerhalb des Museums gefangen werden konnten. Auch im Metropolitan Museum of Art um im Louvre Paris wurden Pokémon gesichtet. Zunehmend wird Pokémon auch als ein neues Motiv in der Bildenden Kunst genutzt. Und das Greenpeace Magazin berichtet von dem syrischen Künstler Khaled Akil, der die kleinen Pokémon vor zerstörte Häuser in Aleppo setzte, um zu verhindern, dass der Krieg in seiner Heimat in Vergessenheit gerät.
- Post-Internet-Kunst: Die Post-Internet-Kunst ist keinem klar definierbaren Stil verpflichtet, sondern eine Haltung bzw. ein Geisteszustand, der in der Art und Weise des Internets denkt. Künstler, die unter diesem Begriff arbeiten, nutzen mit großer Selbstverständlichkeit die neueste Software oder Geräte wie den 3-D-Drucker, mit deren Hilfe sie Bilder, Filme und Objekte realisieren. Das Internet dient dabei als unerschöpflicher Fundus, ebenso wie die hochglänzende Scheinwelt der Werbung und Mode. Post-Internet-Künstler verwenden häufig industriell vorgefertigte Produkte, ohne dabei selbst Hand anzulegen. Im Vordergrund steht das Konzept, ebenso wie die Möglichkeit, Fotos oder Ausstellungsansichten der Arbeiten mit einer international vernetzten Gemeinschaft auf Facebook- Twitter-, Tumblr- oder Instagram-Post zu teilen. Als Erfinderin des Begriffs Post-Internet gilt die deutsch-amerikanische Künstlerin Marisa Olson, die ihn erstmals 2008 verwendete. Seit 2010 sind auch noch andere Begriffe im Umlauf, die sich mehr oder weniger auf dieselbe ästhetisch Stoßrichtung einer internationalen Kunstjugendbewegung beziehen: „New Aesthetic“, „Circulationism“ „Tumblerism“, „Radikanten“ oder „Meme Art“.
- Virtual Reality: Virtual Reality ist das große Thema der Zukunft und zieht gleichermaßen Künstler, Designer und Filmemacher, wie auch Industrie und Wirtschaft an. Virtual Reality kann ein Element begehbarer softwaregesteuerter Installationen und Projektionen sein. Die meisten künstlerischen Räumlichkeiten haben bildhauerische und architektonische Aspekte, die mit Text, Grafik, Animation, Sprache und sogar körperlicher Erfahrung erlebt werden. Durch das Navigieren in virtuellen Räumen erleben wir als Avatar faszinierende neue Traumwelten. Virtual Reality ist ein neues Medium in der Kunstwelt – angesiedelt irgendwo zischen Game und Film. Virtual Reality eröffnet aber nicht nur für Künstler, sondern auch für die Kreativwirtschaft neue Geschäftsmodelle. Schon heute kann der Kulturkonsument mithilfe von Virtual Reality Brillen Museen, Kirchen, Konzert- und Opernsäle unabhängig von Ort und Zeit besichtigen.